Wir sind Tiermediziner:innen, Agrarwissenschafter:innen und Naturwissenschafter:innen aus verschiedensten Fachrichtungen und beschäftigen uns mit Tiermedizin, Tierschutz, Konsument:innenschutz, Lebensmittel und Lebensmittelhygiene, Gentechnik, sowie nachhaltiger Landwirtschaft und artgerechter Tierhaltung.
Indem wir aus sozialdemokratischer Sicht im Rahmen des BSA Stellung zu gesellschaftspolitischen Fragen und Themen unserer Zeit beziehen, stehen wir zu unserer fachlichen Verantwortung gegenüber Mensch, Tier und Natur.
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Rückblick
Jahresrückblick 2023-2025
Der BSA Life trifft sich monatlich zum Stammtisch für Naturwissenschaft und Veterinärmedizin. Im Oktober 2023 konnten wir dort einen besonderen Gast begrüßen, den Biochemiker und Molekularbiologen Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany, ehem. Mitglied der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der auf Einladung der Forschungsgruppe Lebensmittel (FGL) extra aus Deutschland angereist war, um mit uns über Chancen und Risiken der Gentechnik zu diskutieren. Nach einem äußerst interessanten Vortrag über Mutagenese, „klassische“ und „neue“ Gentechnik sowie deren gesetzliche Regulierung, wurden ihm zahlreiche, durchaus auch kritische Fragen gestellt. Seine Antworten waren geeignet, Ängste und Vorurteile bezüglich der neuen Technik des Genome Editing (auch bekannt als „Crisper-Cas“) abzubauen. Denn diese ist viel präziser als die „klassische“ Gentechnik und erst recht als die noch viel ältere (und auch im Biolandbau zugelassene!) Mutagenese. Unsere gemeinsame Schlussfolgerung aus diesem anregenden Gedankenaustausch war: Eine Technik ist nicht per se gut oder schlecht. Es kommt immer darauf an, wie und wofür sie eingesetzt wird. Und da hat die von Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna maßgeblich entwickelte und 2020 mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Technologie durchaus großes Potential.

Das Thema Grüne Gentechnik sollte uns auch noch bei weiteren Treffen intensiv beschäftigen. Unsere Position dazu, dass eine gesetzliche Regulierung sicherstellen muss, dass eine Technik nicht einzelnen Konzernen Profite bringt, sondern zum Gemeinwohl beiträgt, kann auch auf andere Technologien umgelegt werden. So etwa bei modernen Systemen im Pflanzenbau, die beispielsweise eine präzisere Bodenbearbeitung oder Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln ermöglichen: Diese für eine umweltgerechtere Landwirtschaft an sich positiven Eigenschaften werden oft dadurch konterkariert, dass Systeme einer Firma nicht mit jenen anderer Unternehmen kompatibel sind, was zu einer einseitigen Abhängigkeit von Landwirt:innen von einzelnen Konzernen führt.
Einer der Gründe für die Entwicklung der Biologischen Landwirtschaft war, sich von der Abhängigkeit von Konzernen zu befreien – niemand könnte das besser darstellen, als unser Experte für Biologische Landwirtschaft, Dipl.-Ing. Alois Posch, der eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Bio-Landwirtschaft in Österreich gespielt hat.
Ein weiteres Problem ist die Hoheit über die Daten. Agrarunternehmen sind motiviert sicherzustellen, dass die durch ihre Systeme gewonnenen Daten für die Weiterentwicklung derselben genutzt werden und nicht den Landwirt:innen bzw. der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, so wie es etwa in der österreichischen Rinderzucht der Fall ist, wo die Zuchtorganisationen und Datenbanken in den Händen der Landwirt:innen sind. Da wir mit Dr.in Lisa Rienesl eine ausgewiesene Expertin für Genetik und Tierzucht in unseren Reihen haben, konnte sie uns die Relevanz dieses Themas aus ihrer eigenen Forschungserfahrung gut veranschaulichen – etwa am Beispiel von Melkrobotern, einer sowohl für das Tierwohl als auch hinsichtlich einer flexibleren Arbeitseinteilung am landwirtschaftlichen Betrieb, grundsätzlich sehr positiven Innovation.
Die Expertise unserer Fachgruppe war auch beim Expert:innnenrat der SPÖ gefragt, zu dem wir im Juni 2024 eingeladen wurden, um unseren Beitrag zum Wahlprogramm für die anstehende Nationalratswahl zu leisten. Insbesondere die Forderung nach einer gerechteren Verteilung von Agrarsubventionen durch höhere Beträge für Klein- und Obergrenzen für Großbetriebe sowie eine Orientierung an sozialen Kriterien, Tierschutz und Umweltgerechtigkeit ist deutlich von uns geprägt, außerdem die Forderungen nach mehr Tierwohl, der Wahlfreiheit bei Gentechnik und der Verhinderung von Patenten auf Lebewesen.
Diese und viele andere Themen konnten wir im Vorfeld auch schon mit der Agrarsprecherin der SPÖ, Nationalrätin Elisabeth Feichtinger, BEd BEd erörtern, mit der wir uns anlässlich des Besuchs unserer Fachgruppe im Parlament im Jänner 2024 trafen. An diesem Ausflug nahmen zahlreiche unserer Mitglieder teil, er führte uns die Geschichte und Gegenwart der Österreichischen Demokratie wunderbar vor Augen, und es freut uns, durch unsere Tätigkeit ein klein wenig dazu beitragen zu können.

Ein weiterer Höhepunkt unserer Tätigkeit in der vergangenen Periode war die Einladung des BSA Penzing, im Juni 2025 einen Vortragsabend zum Thema Landwirtschaft und Sozialdemokratie zu gestalten, der auf reges Interesse stieß, sogar aus anderen Bundesländern. Nachdem Dipl.-Ing. Martin Fuchs dort über Sozialdemokratische Ideen- und österreichische Agrargeschichte referierte, ging Dr.in Lisa Rienesl ausführlich auf die Gegenwart der österreichischen Landwirtschaft, die Lebensrealität von Landwirt:innen und deren Bedürfnisse an ihre Interessensvertretung ein. Darauf folgte eine spannende Diskussion.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Unsere Bewegung unterlag hinsichtlich der Landwirtschaft immer wieder idiologischen Irrtümern, hat ihre Bedeutung insgesamt unterschätzt und die in der Landwirtschaft Beschäftigten vernachlässigt. Aber die Sozialdemokratie verfügt durchaus auch über inhaltlich richtige Ansätze. Angesichts der Unzufriedenheit vieler Landwirt:innen mit den eigenen Vertreter:innen gäbe es hier durchaus Potential. Uns ist es wichtig, Brücken zwischen Produzierenden und Konsumierenden zu bauen, statt sie gegeneinander auszuspielen. Denn Landwirt:innen sind zwar eine kleine Bevölkerungsgruppe, haben jedoch gesamtgesellschaftlich essentielle Funktionen, nicht nur hinsichtlich der Lebensmittelproduktion, sondern auch der Erhaltung von Kulturlandschaften und der Erbringung von Biodiversitätsleistungen. Unser Zugang sollte immer ein wissenschaftsbasierter und die Komplexität und Diversität des Themas beachtender sein, unser Dialog mit Landwirt:innen muss wertschätzend und auf Augenhöhe geschehen.
2025
Vortrag: Wie sozialdemokratisch kann man Landwirtschaft denken
Am 17. Juni 2025 diskutierten Dr.in Lisa Rienesl, der Vorsitzenden der Fachgruppe Life Sciences im BSA, und ihr Vorstandskollege DDI Martin Fuchs mit dem BSA Bezirksklub Penzing über das Verhältnis der Sozialdemokratie zu einer modernen Landwirtschaftspolitik.
Die Vortragenden gaben dabei einen fundierten historischen Rückblick auf das Entstehen sozialdemokratischer Landwirtschaftspolitik und gingen in Folge besonders auf die aktuelle Struktur der Landwirtschaft in Österreich ein. Es ist heute kein Widerspruch für eine Nutzung der Vorteile moderner Technik und gleichzeitig für gesunde Böden und eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft einzutreten. Es wäre hier wünschenswert, wenn die technologische Ebene auch in zukünftigen Parteiprogrammen noch mehr Berücksichtigung finden würde. Besonderes Augenmerk sollte auch auf das Verhältnis der eben relativ klein strukturierten produzierenden Betriebe und den großen Handelsketten und Verarbeitungsbetrieben gelegt werden. Ein Machtungleichgewicht wäre hier politisch zu adressieren.

2023
Vortrag & Podiumsdiskussion: Ernährungssouveränität und Versorgungssicherheit
Die Lebensmittelproduktion und speziell die Landwirtschaft steht heute in einem Spannungsfeld: Einerseits gibt es den Wunsch der Konsument:innen nach österreichischen Produkten, die umweltschonend und tierfreundlich produziert werden. Andererseits die Konkurrenz durch günstige Importe, die auf die Preise drückt. Gleichzeitig fällt es den Konsumierenden angesichts der Inflation immer schwerer, sich für hochwertige heimische Lebensmittelqualität zu entscheiden, während früher das größere Problem war, diese Qualität treffsicher zu erkennen.
Auch die Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Und während fruchtbare Böden zunehmend verloren gehen, werden die Auflagen für die Landwirtschaft immer strenger, nicht zuletzt aufgrund der Erwartungen der Konsument:innen, wodurch sich die Produktionskosten weiter erhöhen. Bäuerinnen und Bauern spüren die Klimakrise (Extremwetterereignisse, Wasserknappheit, Überschwemmungen, etc.) als erste, zugleich ist die Lebensmittelproduktion eine wesentliche Quelle klimaschädlicher Treibhausgase. Möglicherweise einen Teil der Problemlösung, jedenfalls aber eine zusätzliche Herausforderung, stellen neue Technologien dar, die auf den Markt drängen.
Wie können in dieser Situation ein fairer Preis für die Landwirt:innen und leistbare Lebensmittel sichergestellt werden? Wie gut ist die Lebensmittelversorgung in Österreich im Notfall und angesichts des internationalen Handels gesichert? Was bedeutet Ernährungssouveränität, ist sie eine Utopie oder lässt sie sich verwirklichen, und wenn ja, wie? Nach einem Einführungsvortrag durch Mag. Franziskus Forster, Experte der Österreichischen Berg- und Kleinbäuer:innen Vereinigung, wurden diese Fragen kontroversiell und dennoch konstruktiv von einem hochkarätigen Podium mit Expert:innen aus Landwirtschaft, Verarbeitung, Wissenschaft und Interessensvertretung und mit dem Publikum diskutiert.
Am Podium saßen:
- Dipl. Päd.in Martina Mittermayr, Landwirtin / AGÖ
- Mag.a Eva Maria Weinek, Landwirtin / SPÖ Bäuerinnen und Bauern
- Dipl. Ing. Matthias Greisberger, Salzburg Milch
- Dipl. Ing.in Maria Burgstaller, Landwirtschaftsexpertin AK Wien
- Prof. Dr. Werner Zollitsch, BOKU
2021
Antrag zur Entwicklung einer sozial und ökologisch gerechten Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik
Unser Antrag wurde beim BSA Bundesvorstand & Bundesauschuss am 12. Mai 2021 angenommen und am 45. Bundesparteitag am 24. Juni 2021 dem SPÖ Parlamentsklub zugewiesen.
Wir fordern:
● Die Planung und Durchführung eines Arbeitsprozesses für ein sozialdemokratisches
Landwirtschaftskonzept in den kommenden zweieinhalb Jahren (2021 bis 2023) mit
Augenmerk auf die Verschmelzung von ökologischer Landwirtschaft, sowie demokra-
tischer und sozial gerechter Implementierung von Innovation und Technologie.
● Ein ausgearbeitetes Gesamtkonzept für eine ökologisch und sozial gerechte Land-
wirtschafts- und Lebensmittelpolitik soll in Österreich durchgesetzt, sowie auf euro-
päischer Ebene vertreten werden.
● Umfassende politische Unterstützung von Foodcoop-Initiativen auf Seiten der Kon-
sument*innen, wie auch Produzent*innen.
Der gesamte Antrag ist nachzulesen unter:
